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von Christian Lützenrath
und Achim Thomas Thiele
Angesichts der steigenden Zahl von Gesellschaften in wirtschaftlichen Krisensituationen gewinnt die Begleitung und Förderung von Unternehmenssanierungen eine immer größere Bedeutung für Kreditinstitute. Diese Begleitung ist allerdings häufig mit Haftungsrisiken für die Bank verbunden.
Die Entstehung von Unternehmenskrisen ist häufig ein schleichender Prozess. Die Gründe dafür sind meist vielfältig und werden zu Beginn entweder kaum wahrgenommen oder aber nicht richtig interpretiert. So dauert es in der Regel einige Zeit, bis zum Beispiel zunehmender Wettbewerb, Umsatzeinbrüche oder Preiskämpfe zu Ergebnisverschlechterungen und Liquiditätsengpässen führen.
In dieser Phase gelingt es Kreditinstituten oft nur unzureichend, die schwachen Signale zu erkennen und der Krise entgegenzusteuern.
Die erst mit Verzögerung zur Verfügung stehenden Jahresabschlüsse zeichnen nur ein Bild der Vergangenheit. Auch die von den Unternehmen selbst eingereichten Controlling-Daten sind oft unvollständig, wenn nicht gar falsch. Vernebelungstaktiken von Seiten der betroffenen Vorstände und Geschäftsführer verstärken die Problematik. Häufig wird die Situation des Unternehmens erst in vollem Umfang erkannt, wenn die zur Verfügung gestellten Kreditlinien bereits ausgeschöpft oder überzogen sind.
Um so wichtiger ist es für Banken und Sparkassen als Kreditgeber, zeitnah aussagekräftige betriebswirtschaftliche Informationen zu erhalten, die Auskunft über das Entstehen einer Krisensituation geben können. Die meisten Kreditinstitute haben daher eine Reihe von Früherkennungssystemen entwickelt, mit deren Hilfe Unternehmenskrisen diagnostiziert werden können.
Neben den normalen Bilanzanalysestandards werden verstärkt Neuronale Netze aufgebaut, die bereits leise Signale einer Krise erkennen. Durch den Einsatz bestimmter Analyseverfahren wird dabei versucht, die Symptome von Unternehmenskrisen frühzeitig zu diagnostizieren und entsprechende Entwicklungen in die Zukunft zu übertragen. Auf diesem Gebiet wird in den nächsten Jahren noch einige Entwicklungsarbeit zu leisten sein, denn Muster der Entstehung von Unternehmenskrisen sind noch immer nur schwer darstellbar.
Sobald sich erste Anzeichen für eine Krisensituation ergeben, gilt es, eine umfassende Überprüfung des Kreditengagements vorzunehmen. Dabei sind nicht nur die bestehenden Kredit- und Darlehensverträge sowie die Sicherheitensituation einer genauen Analyse zu unterziehen. Darüber hinaus gilt es, die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens einzuschätzen. In der Praxis zeigt sich oft, dass nun ein stark erhöhter Informationsbedarf der Bank entsteht, den die betroffenen Unternehmen nicht immer in der Lage sind zu befriedigen.
Darüber hinaus stößt dieses Verhalten des Kreditinstituts bei den Geschäftsleitungen der Unternehmen oft auf Unverständnis oder gar Unwillen. In derartigen Fällen wird es zunächst darum gehen, bei der Geschäftsführung das Bewusstsein für das Vorliegen einer Krise und für die daraus zu ziehenden Konsequenzen zu wecken.
Sofern ungesicherte Positionen bestehen, sollten Banken eine Krise zum Anlass für die Verstärkung der gestellten Sicherheiten nehmen. Häufig wird sich diese Möglichkeit jedoch nicht mehr ergeben, da werthaltige Sicherheiten nicht mehr zur Verfügung stehen.
Schließlich können bereits kurz nach Erkennen der Krisensituation weitere Sofortmaßnahmen erforderlich werden, um die Probleme des Unternehmens nicht noch zusätzlich zu verstärken und eine Sanierung zu ermöglichen. Zu denken ist an Saisonkredite, Zinsreduzierungen oder -erlasse sowie Stundungen. Um die Gefahr einer möglichen Insolvenz abzuwenden, kann es sogar bereits jetzt notwendig sein, in einer akuten, aber überbrückbaren Notlage des Unternehmens Überziehungen der vereinbarten Kreditlinien bewusst zu dulden.
Häufig haben Banken und Sparkassen in dieser Situation sehr kurzfristig weit reichende Entscheidungen zu treffen.
Die wichtigste Frage ist dabei, ob das Kreditinstitut eine Chance für eine Sanierung des Unternehmens sieht oder aber besser in eine Abwicklung eintreten sollte. In der Praxis hat es sich oft als hilfreich erwiesen, durch externe Spezialisten ein objektives Sanierungsgutachten anfertigen zu lassen, das den Bankexperten Unterstützung bei der Meinungsbildung geben kann.
In einem Ausstiegs-Szenario besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Kreditvertrag zu kündigen und das Engagement abzuwickeln. Dazu muss die Bank oder Sparkasse im Einzelfall prüfen, welche außerordentlichen und ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten sich für sie in einer Krisensituation tatsächlich ergeben.
Die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung richtet sich - außer nach den gesetzlichen - vor allem nach den Bestimmungen der Kredit- und Darlehensverträge, insbesondere im Hinblick auf die vereinbarten Laufzeiten. In der Regel wird die ordentliche Kündigung den Interessen der Bank nicht entgegenkommen, da meist lange Fristen einzuhalten sind.
Eine außerordentliche Kündigung der Kredite und Darlehen ist zum einen aus wichtigem Grund möglich. Der liegt dann vor, wenn der Schuldner mit Zins- oder Tilgungsleistungen in Verzug ist. Das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund kann zudem auch für bestimmte Fälle vertraglich vereinbart werden. Dies ist insbesondere für den Fall der erheblichen Vermögensverschlechterung möglich.
Eine Kündigung des Darlehens ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn
Eine Pflicht zur Versorgung des Unternehmens mit Darlehen oder zur Zustimmung zu einem erfolgversprechenden Sanierungsversuch besteht allerdings nicht. Dementsprechend hat eine Kreditkündigung, sofern ein Grund vorliegt, grundsätzlich keine Schadenersatzpflicht der Bank gegenüber anderen Beteiligten zur Folge.
Alternativ zur Kündigung kann die Bank stillhalten, das bedeutet, dass sie die Kredite, Darlehen und Sicherheiten in der Form im Unternehmen belässt, in der sie sich auch vor Bekanntwerden der Krise bereits befanden. Ein solches Verhalten birgt für die Bank wirtschaftlich das Risiko einer weiteren Vermögensverschlechterung. In rechtlicher Hinsicht ist das Stillhalten grundsätzlich als unschädlich anzusehen.
Eine wichtige Ausnahme hiervon liegt allerdings dann vor, wenn der Schuldner eine Kapitalgesellschaft oder GmbH & Co. KG und die Bank als Kreditgeber zugleich Gesellschafter des Schuldners ist. In einem solchen Fall können sich die gewährten Darlehen in einen sogenannten Eigenkapitalersatz verwandeln.
Dies hat zur Folge,
Eine weitere Ausnahme bildet der Fall, bei dem der Darlehensgeber mit dem Stillhalten ein Auffüllen seiner Sicherheiten - zum Beispiel einer Globalabtretung - bezweckt. Ein solches Verhalten kann eine Schadensersatzpflicht gegenüber anderen Gläubigern aufgrund sittenwidriger Schädigung zur Folge haben.
Schließlich bietet sich die Möglichkeit der aktiven Beteiligung an einem Sanierungsversuch. Umschuldungen, Vergleiche und Verzichte sind zu erwägen, um das Unternehmen wieder überlebensfähig werden zu lassen. Umschuldungen als mildeste Form werden dabei nur dann ausreichen, wenn von einer zeitlich befristeten oder nur schwach ausgeprägten Krise ausgegangen werden kann.
Wesentlich häufiger helfen nur noch Vergleiche oder Verzichte. Die innere Logik solcher Vergleiche oder Verzichte lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen: Ohne diese Maßnahmen folgt die Insolvenz auf dem Fuße. Steht die Bank also im Insolvenzfalle schlechter da als bei einer Fortführung, besteht für sie ein Anreiz, auf gewisse Teile der bestehenden Forderungen zu verzichten oder sich zu vergleichen und von einem dann wieder lebensfähigen Unternehmen zumindest auf die verbleibenden Forderungen künftig wieder Zins- und/oder Tilgungsleistungen zu erhalten.
So sinnvoll und richtig die Entscheidung zu einer aktiven Sanierung in vielen Fällen sein kann: Sie birgt für den Darlehensgeber Risiken, und zwar in wirtschaftlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht.
Wirtschaftlich sind Kredite, die an sanierungsbedürftige Unternehmen gegeben werden, aufgrund der nur mäßigen Bonität des Unternehmens von vornherein besonders ausfallgefährdet. Wird das vorliegende Sanierungskonzept nicht erfolgreich umgesetzt, folgt die Insolvenz unweigerlich und der Schaden für die betroffene Bank wird sich nochmals deutlich erhöhen. Ein professionelles Sanierungsmanagement ist aus diesem Grund unbedingt erforderlich.
Aber auch haftungsrechtlich birgt die Beteiligung am Sanierungsversuch verschiedene Fußangeln, die der sanierungsbeteiligten Bank unbedingt bewusst sein sollten. In einem anderen Beitrag werden diese Probleme dargestellt und Wege aufgezeigt, diese Risiken zu minimieren.
Dieser Beitrag wurde - mit freundlicher Genehmigung der Redaktion - der folgenden Publikation entnommen:
Christian Lützenrath / Achim Thomas Thiele, |
Christian Lützenrath | |
Achim Thomas Thiele |
Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
3. Jahrgang (2000), Ausgabe 9 (September)
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Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 9. Oktober 2024
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