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von Klaus D. Bobisch
Viele Unternehmen in den neuen Bundesländern mussten bei ihrer Gründung kräftig in Grundstücke, Gebäude, Anlagen und Maschinen investieren. Aus Mangel an eigenen finanziellen Mitteln waren sie dabei auf massive Unterstützung durch die Deutsche Ausgleichsbank (DtA), zusätzliche Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), stille Beteiligungen der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG) und Hausbankdarlehen angewiesen.
Diese eigenkapitalergänzenden Darlehen haben im Regelfall eine Laufzeit von 20 Jahren, sind für zehn Jahre tilgungsfrei gestellt und werden ab dem dritten Jahr mit steigenden Sätzen verzinst. Daneben haben viele Unternehmen noch Umstrukturierungsbeihilfen, Liquiditätshilfedarlehen und Kontokorrentkreditlinien zu bedienen. Dieser "Finanzierungscocktail" ist nun für viele Unternehmen zu einem explosiven Gemisch geworden.
Die chronische Eigenkapitalschwäche vieler ostdeutscher Unternehmen resultiert aus der Transformation von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft. Sie wurde in den meisten Unternehmen durch Fremdkapital aufgefüllt - mit fatalen Folgen: Viele Betriebe sind bilanziell überschuldet und erzielen im Durchschnitt viel zu geringe oder gar keine Gewinne, um im Wettbewerb bestehen zu können oder den Kapitaldienst zu leisten. Ersatz- und Neuinvestitionen werden häufig nicht mehr getätigt. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen lässt immer mehr nach. Aufträge und Arbeitsplätze gehen verloren.
Diese fatale Kombination von Gewinnschwäche einerseits und mangelnder Eigenkapitalausstattung andererseits verhindert eine Selbstheilung der Betriebe und ist zugleich eine der Hauptursachen für die zunehmenden Firmenpleiten in Ostdeutschland. Um die Insolvenzgefahr abzuwenden, ist eine Beseitigung der bilanziellen Überschuldung der Unternehmen allein nicht ausreichend. Zusätzlich muss der Kapitaldienst auf ein unternehmensverträgliches Niveau reduziert werden, denn der derzeitige Zinsaufwand liegt vielfach jenseits realistischer Grenzen.
Wenn die leistungswirtschaftlichen Bereiche des Unternehmens halbwegs gesund sind, ermöglicht die sogenannte "Finanzsanierung" einen Ausweg aus diesem Dilemma. Ziel ist es dabei, die Kapitaldienstfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen. Damit sollen die Betriebe ihre Ertragskraft wiedererlangen und ihre fälligen Verbindlichkeiten vertragsgemäß bedienen können.
Insgesamt ist die Finanzsanierung ein lohnenswerter Weg, um den betrieblichen Bestand in Ostdeutschland zu erhalten und diesen schrittweise auszubauen. Mit einem solchen Kapitalschnitt lassen sich viele Unternehmen in den neuen Bundesländern nachhaltig retten. Nach unserer Erfahrung ist die Finanzsanierung für alle Beteiligten billiger, einfacher und wirkungsvoller als viele andere in der Diskussion befindlichen Maßnahmen, denn mittel- und langfristig gibt es dabei (fast) keine Verlierer.
Klaus D. Bobisch |
Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
5. Jahrgang (2002), Ausgabe 12 (Dezember)
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Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 9. Oktober 2024
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