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Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389): Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher |
von Dr. Silke Wehdeking und Prof. Dr. Stefan Smid
Nicht immer reicht das Vermögen eines verschuldeten Unternehmens für die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Eigenverwaltung aus. So hatte ein
Schuldner beim Amtsgericht Charlottenburg – zugleich mit seinem Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens – die Anordnung der Eigenverwaltung beantragt. Seine Ehefrau sicherte einen Massekostenzuschuss im Umfang der
Kosten zu, die bei einem Insolvenzverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung gewöhnlich anfallen.
Das AG Charlottenburg bewertete diese Zusicherung jedoch als ungeeignet, da sie nach Ansicht des Gerichts unzulässigerweise an den Eintritt der Eigenverwaltung geknüpft sei. Unberücksichtigt blieb, dass der Schuldner kein allgemeines Insolvenzverfahren beantragt und infolgedessen hierfür auch keinen Massekostenvorschuss angeboten hatte. Zudem handelte es sich um eine verfahrensrechtlich zulässige innerprozessuale Bedingung des Verfahrenskostenzuschusses.
Wie das Fallbeispiel zeigt, offeriert die seit 1999 geltende Insolvenzordnung
(InsO) einerseits zusätzliche Reorganisationsoptionen anstelle des bisher üblichen "zerschlagenden Konkurses". Andererseits birgt sie jedoch auch Risiken. So liegt es u.a. im Ermessen des zuständigen Insolvenzgerichts, den eingereichten Insolvenzplan zu genehmigen und eine beantragte Eigenverwaltung zu bewilligen bzw. stattdessen einen Insolvenzverwalter zu bestellen.
Ein Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung ist in der Regel nur dann sinnvoll, wenn die Gläubiger bereit sind, den Schuldner zu unterstützen. Stellt die vom Schuldner beantragte Eigenverwaltung keinen Nachteil für die Gläubiger
dar, muss sie vom Gericht angeordnet werden. Die Gläubigerversammlung
kann darüber hinaus zu jedem Zeitpunkt des Sanierungsprozesses die Aufhebung der Eigenverwaltung beantragen.
Voraussetzung der Eigenverwaltung des Schuldners ist die Vorlage eines Insolvenzplans mit Reorganisationskonzept. Dieser wird vom Insolvenzgericht
u.a. dann abgelehnt, wenn er inhaltliche Fehler enthält oder einen Gläubiger
begünstigt. Damit ein Insolvenzplan überhaupt greifen kann, muss er zügig
umgesetzt werden. Dies wird durch die Einlegung von Rechtsmitteln verhindert.
Dr. Silke Wehdeking ist Insolvenzverwalterin und leitet das Insolvenzbüro Kiel der Kanzlei Leonhardt Westhelle & Partner. Prof. Dr. Stefan Smid ist seit Oktober 2001 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Die ausführliche Fallstudie mit zahlreichen Detailinformationen ist im folgenden Sammelband enthalten:
Frank Roselieb / Marion Dreher (Hrsg.), |
Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
10. Jahrgang (2007), Ausgabe 9 (September)
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Letzte Aktualisierung: Dienstag, 10. Dezember 2024
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