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von Dr. Volkhard Emmrich
Ob Aero Lloyd, Herlitz oder Philipp Holzmann - auf den Erfolg oder Misserfolg einer Unternehmenssanierung haben die finanzierenden Banken, ihre Geschäftsstrategien und Ziele hinsichtlich des jeweiligen Engagements wesentlichen Einfluss. Auch die Bedeutung der Interaktion der verschiedenen Banken untereinander sowie die Rolle der spezifischen Finanzierungs- und Sicherheitenstruktur der Schieflageunternehmen sollten nicht unterschätzt werden.
Was sind aus Sicht der Kreditinstitute die kritischen Erfolgsfaktoren bei der Krisenbewältigung? Welchen Stellenwert haben die spezifische Situation des Not leidenden Betriebes und die strategischen Überlegungen einzelner Banken? Bei der Erfüllung welcher Kriterien ist aus Bankensicht die Sanierung abgeschlossen und welche Auswirkungen hat dies für die finanz- und leistungswirtschaftliche Sanierung bzw. Bilanzsanierung des Betriebes?
Zur Beantwortung dieser Fragen hat die Dr. Wieselhuber & Partner GmbH Unternehmensberatung von November 2003 bis Mai 2004 die Teilnehmer an einer regionalen Fachtagungsreihe befragt. Insgesamt konnten 56 Personen aus dem Bankenbereich für die Bearbeitung des Fragebogens gewonnen werden. Die Mehrzahl der Teilnehmer waren Projekt-, Team- oder Bereichsleiter in den Bereichen Risikokreditmanagement bzw. Intensivbetreuung (32,7 Prozent), Sanierung (39,6 Prozent) und Abwicklung (25,9 Prozent). Sie haben insgesamt 864 Krisenfälle bzw. Insolvenzen betreut.
Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Krisentreiber und Ursachen der Kriseneskalation, die zur Sanierung eingesetzten Instrumente und ihre Erfolgsrelevanz, die Erfahrungen mit der Sanierung aus der Insolvenz sowie die Finanzierungs- und Bankenstruktur der Krisenunternehmen als eine der möglichen Krisenursachen. Die Auswertung der Fragebögen nach der Art der befragten Kreditinstitute zeigt eine klare Dominanz der Großbanken (39,1 Prozent), gefolgt von Genossenschaftlichen Spitzeninstituten (15,2 Prozent) sowie Landes- und Privatbanken (jeweils 10,9 Prozent).
Von den betrachteten Schieflageunternehmen des Jahres 2003 musste jedes zweite Insolvenz anmelden (50,5 Prozent). Nur jeder fünfte Betrieb konnte saniert und mit guter Bonität an den Firmenkundenbereich zurückgegeben werden (20,6 Prozent).
Krisenursache Nummer eins waren operative Verluste - hervorgerufen durch Strategiedefizite. Sie führten dazu, dass der Absatz zurückging und dem Preisverfall nicht entsprechend begegnet werden konnte (jeweils 64,0 Prozent).
Die Bewältigung der operativen Krise erfolgte primär durch Personalabbau und damit eine Anpassung der Kapazitäten (75,0 Prozent). Notwendig war außerdem eine Neukonfiguration des Geschäftsmodells und der Unternehmensstrukturen.
Inhaberunternehmen waren im Vergleich zu anderen Unternehmenstypen am schwersten zu sanieren, hatten die längste Sanierungsdauer (67,7 Prozent) und die größten Sanierungsrisiken (48,5 Prozent). Ursächlich hierfür waren vor allem die Unkenntnis des Inhabers hinsichtlich der "Mechanik" der Krisenbewältigung sowie interne Restriktionen.
Die jeweilige Strategie der Banken wurde überwiegend einzelfallbezogen entwickelt (76,1 Prozent). Entscheidend für die Rückgabe an den Firmenkundenbereich waren - neben der Erfüllung der an Basel II orientierten Rating-Kriterien - insbesondere die erfolgreiche und nachhaltige Neuausrichtung des Unternehmens.
Begünstigt wurde der Sanierungserfolg vor allem durch freie Sicherheiten (72,0 Prozent) und das schnelle Zustandekommen eines Bankenpools (66,0 Prozent), durch den der Ausstieg einzelner Häuser verhindert werden soll.
In drei von vier Fällen wurden die Sanierungsziele nicht erreicht (74,4 Prozent). Wesentliche Ursachen waren, eine Fehleinschätzung des Marktes und der künftigen Absatzentwicklung sowie insbesondere ein unprofessionelles Sanierungsmanagement.
Ursprünglich aussichtsreiche Sanierungen scheitern häufig an der Realisierung - weil die Führungsmannschaft die Umsetzung nicht in den Griff bekam (52,2 Prozent) oder weil interne Ziele der Liquiditätsfreisetzung und Kostensenkung verfehlt wurden (55,5 Prozent).
In vier von fünf Fällen war ein Interessenabgleich der Banken sanierungsentscheidend (80,0 Prozent). Dies erforderte eine frühe Einbindung und Gleichbehandlung der Banken, einen möglichst kleinen, homogenen Bankenkreis und eine professionelle Bankenbegleitung.
Häufigstes Ziel der gestaltenden Sanierung war die Fokussierung des Unternehmens auf profitable Geschäfte (93,5 Prozent). Nur jeder vierte Befragte sah im Unternehmensverkauf ein geeignetes Mittel zur Gesundung des Unternehmens (25,0 Prozent). Gesellschafterwechsel in der Krise waren also eher die Ausnahme.
Die Möglichkeiten einer Sanierung aus der Insolvenz wurden zunehmend genutzt (40,9 Prozent). Häufigste Stolpersteine waren dabei die Unsicherheit bei der Auswahl des Insolvenzverwalters durch den Insolvenzrichter sowie die geringe Neigung des bestellten Insolvenzverwalters, "fremde Konzepte" umzusetzen.
Der weit überwiegende Teil der Befragten, verlangt Veränderungen der Insolvenzordnung (85,7 Prozent). Vorrangig genannt wurden ein Vorschlagsrecht der Großgläubiger hinsichtlich des künftigen Insolvenzverwalters, der Wegfall der Versteuerung von Insolvenzgewinnen sowie die Nichtanwendbarkeit des § 613a BGB im Insolvenzfall.
Die Langfassung der Studie "Erfolgsfaktoren der Unternehmenssanierung: Krisentreiber und kritische Erfolgsfaktoren der Krisenbewältigung aus Bankensicht" (49 Seiten) mit einer ausführlichen Dokumentation der Untersuchungsergebnisse wird auf Wunsch gegen eine Schutzgebühr in Höhe von EUR 100,- zugeschickt. |
Dr. Volkhard Emmrich |
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Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
7. Jahrgang (2004), Ausgabe 10 (Oktober)
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Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 9. Oktober 2024
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