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von Iris Meinking, Dirk Ley und Michael Spendel
Das Jahr 2002 war für viele Unternehmer ein Jahr des Bangens. Kaum ein Tag verging ohne Schlagzeilen über die historisch hohen Insolvenzzahlen in Deutschland, das schwierige wirtschaftliche Umfeld und die strukturellen Verwerfungen in beinahe jeder Branche. Wie können mittelständische Unternehmer eine Liquiditätskrise frühzeitig erkennen? Wann sollten sie mit den Umbauarbeiten im eigenen Unternehmen beginnen? Welche Sofortmaßnahmen eignen sich, um die Firma wieder in ruhigeres Fahrwasser zu manövrieren?
Antworten auf diese und andere Fragen zur Restrukturierung mittelständischer Unternehmen gibt eine gemeinsame Studie des Monatsmagazins FINANCE, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young und der HypoVereinsbank. Befragt wurden Unternehmer, Bankenvertreter, Berater und Anwälte. Alle Interviewpartner haben entweder die eigene Firma erfolgreich restrukturiert oder standen als externe Helfer einem Krisenunternehmen zur Seite.
Der erste Teil der Studie - die Beratersicht - basiert auf der persönlichen Befragung von 30 Bankern, Beratern und Rechtsanwälten. In Tiefeninterviews berichteten sie über ihre Erfahrungen bei der erfolgreichen Sanierung von Unternehmen. Die restrukturierten Firmen erwirtschafteten im Jahr 2001 einen Umsatz von mindestens 10 Millionen Euro und gehörten damit zum größeren Mittelstand.
Der zweite Teil der Untersuchung widmet sich der Unternehmersicht. Hierfür wurden Tiefeninterviews mit Topmanagern aus 34 Firmen geführt, die sich ehemals in einer akuten Krise befanden und nun wieder positive Cashflows erwirtschaften. Die Unternehmen waren etwa je zur Hälfte Personen- bzw. Kapitalgesellschaften. In rund 60 Prozent der Fälle fand die Restrukturierung in den Jahren 2001 und 2002 statt.
Die Krise kündigte sich in den meisten Unternehmen frühzeitig durch sinkende Liquidität, eine sinkende Eigenkapitalquote und eine steigende Verschuldung an. Aus Sicht der Berater reagierte das Management in der überwiegenden Zahl der Fälle zu spät auf die Krise. Ein Drittel reagierte überhaupt nicht. Die befragten Unternehmen gestanden ein, dass sie die Krise schon früher hätten erkennen können.
Alle Banken, Berater und Anwälte und die Mehrzahl der Unternehmen gaben an, dass sie im Rahmen der Turnaround-Aktivitäten effizientere Kontrollmechanismen eingeführt haben. Die Mehrzahl der Unternehmen besaß vor Beginn der Restrukturierungsmaßnahmen kein aussagekräftiges Controlling, sondern in der Regel einfache operative Systeme wie zum Beispiel eine monatliche Datensammlung über die Auftragslage.
Im Rahmen der Restrukturierung standen bei den meisten Unternehmen Personalanpassungen auf der Tagesordnung. 56 Prozent der befragten Firmen haben Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt. In 38 Prozent der Fälle musste sich das Management verabschieden. 70 Prozent der Firmen bewerten die Sofortmaßnahmen in der Krise wie beispielsweise die Verhandlungsaufnahme mit den Banken, den Personalabbau und die Kostenreduktion als erfolgreich.
Aus Sicht der Firmen liegt der größte Stolperstein einer Restrukturierung in der restriktiven Haltung der Hausbanken dem Unternehmen gegenüber. Die größte Gefahr sehen Berater, Banken und Anwälte hingegen im Management, das häufig die Augen vor der wirtschaftlichen Schieflage zu lange verschließt.
Der wichtigste Erfolgsfaktor für eine Restrukturierung ist aus Unternehmenssicht, dass die Entscheidungsträger zu harten Einschnitten bereit sind. Für die Berater, Banken und Anwälte ist es entscheidend, dass das Unternehmen einen externen Berater einschaltet, der den Restrukturierungsprozess begleitet. Die Unternehmen wiederum legen großen Wert darauf, dass der Berater aktiv - und nicht allein in Form eines "Konzeptes" - die notwendigen Maßnahmen umsetzt.
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Iris Meinking |
Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
6. Jahrgang (2003), Ausgabe 2 (Februar)
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Letzte Aktualisierung: Dienstag, 10. Dezember 2024
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